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Unter der Rubrik "Fundstücke" stellt unser Mitglied Christine Hieber, bekannt als maritime Autorin und lamgjährige Ausbildungsoffizierin auf der Viermastbark KRUZENSHTERN, interessante Geschichten zusammen, die irgendwie mit der PEKING oder anderen Flying-P-Linern zusammenhängen.

Ganssauge

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Ganssauge - Porträt in der Eingangshalle des Hauptsitzes
der Reederei F. Laeisz an der Trostbrücke 1 in Hamburg. (Foto: Autorin)

 

 

 

 

 

 

 

 

„Ganssauges Geniestreich“

 

So nennt Hans Georg Prager in seinem Standardwerk „Reederei F. Laeisz“ (Koehler Verlag, 2004) die nach dem Ersten Weltkrieg vom damaligen Prokuristen der Reederei eingefädelte Finanzierung des Neuaufbaus der deutschen Segelschiffsflotte durch die alliierten Siegermächte.

Ja, Sie haben richtig gelesen – die Sieger finanzierten ihrem Feind Deutschland, dem Verlierer des Großen Krieges, wie die Briten den 1. Weltkrieg bis heute nennen, den Wiederaufbau seiner Handelsflotte.

Wie das zuging? Nun, lesen Sie weiter …

Das Ende

Am Anfang dieser Geschichte steht das Ende, das des Deutschen Kaiserreiches und des Ersten Weltkrieges. Am 9. November 1918 hatte Kaiser Wilhelm II abgedankt, zwei Tage später unterzeichneten die Vertreter der alliierten Siegermächte und Deutschlands ein Waffenstillstandsabkommen. Im besiegten Deutschland herrschten Straßenkämpfe, Hunger, Arbeitslosigkeit und Inflation. Die Wirtschaft lag darnieder.

Die Lage der deutschen Seeschifffahrt war ebenso düster, bei der Hamburger Reederei Laeisz genauso wie bei allen anderen deutschen Reedern. Die berühmten „Flying P-Liner“ waren versenkt oder interniert, die meisten am anderen Ende der Welt in Chile. Die afrikanischen Bananenplantagen und die Dampfer für den Transport der Bananen, neben der Salpeterfahrt das zweite Standbein der Firma, waren sicher verloren.

Trotzdem dachte Prokurist Paul Ganssauge, der seit 1912 für den jungen Inhaber Erich Laeisz die Geschäfte der Hamburger Reederei führte, schon wieder an einen Neuanfang.KaptBoyePetersen

Der erfahrene Prokurist wusste, dass nach dem Ende eines jeden Krieges üblicherweise die Frachtraten für kurze Zeit stark ansteigen und dass chilenischer Salpeter als Düngemittel-Grundstoff für die Felder des ausgehungerten Europa dringend gebraucht wurde. Deshalb schickte er gleich im Januar 1919, nur zwei Monate nach der Kapitulation des Deutschen Reichs, seinen Nautischen Inspektor nach Chile. Der für seine Härte bekannte Boye Petersen, ehemaliger Kapitän der PREUSSEN, sollte dort die seit nunmehr fast fünf Jahren in verschiedenen Häfen vor Anker liegenden Segelschiffe schnellstmöglich für die Heimreise vorbereiten.

Am 28. Juni 1919 folgte der nächste Schlag - der Friedensvertrag, besser bekannt unter dem Namen „Versailler Vertrag“, machte alle Bemühungen um eine wirtschaftliche Erholung Deutschlands und der deutschen Schifffahrt erst einmal zunichte.

In dessen Anlage III, § 1, hieß es nämlich unter anderem:

„Die deutsche Regierung überträgt … den alliierten … Regierungen das Eigentum an allen den Reichsangehörigen gehörenden Handelsschiffen von 1600 Bruttotonnen und darüber …“, dazu noch die Hälfte der kleineren Schiffe zwischen 1000 und 1600 BRT. Paragraf 2 der selben Anlage verpflichtete die deutschen Reeder, ihre in ausländischen Häfen aufliegenden oder internierten Schiffe innerhalb von zwei Monaten in von den Alliierten benannten Häfen abzuliefern.

Auch die Reederei Laeisz verlor alle Schiffe, die Bananendampfer genauso wie die Segler, selbst die gerade bei Blohm + Voss fertiggestellte Viermastbark POLA. Die Bananenplantagen in Kamerun waren endgültig verloren. Kapital war ebenfalls nicht mehr vorhanden, es war der grassierenden Inflation zum Opfer gefallen.

Das war das Ende. Eigentlich.

Valparaiso Bucht

Die harten Tatsachen

Denn die Kriegsbeute einzukassieren, das stellte sich nun doch als nicht ganz so einfach heraus wie die Alliierten sich das in Versailles vorgestellt hatten – zumindest was die Segelschiffe betraf. Ein Gutteil der deutschen Segelschiffsflotte lag nämlich nicht in deutschen oder europäischen Häfen, sondern im weit entfernten Chile und in der noch weiter entfernten Baja California in Mexiko.

Doch das war nur der Anfang aller Probleme der Siegermächte mit diesem Teil der deutschen Reparationsleistungen.

Keiner der Vertreter der Alliierten im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles hatte nämlich bedacht, dass die Mannschaften der internierten deutschen Segelschiffe sich während des Krieges in alle Winde verstreut hatten – und erst die Schiffe ... Die waren noch vorhanden, aber in mehr oder weniger schlechtem Zustand – dick mit Muscheln und Algen bewachsene Schiffsböden, das stehende und laufende Gut schlecht oder gar nicht gewartet, die Segel mürbe, die Holzdecks schadhaft, die Stahldecks darunter rostig, lebensnotwendige Anlagen teilweise unbrauchbar gemacht oder ganz zerstört …. Außerdem hatten sie alle mindestens seit 1916 keine Besichtigung („TÜV für Schiffe“) mehr gehabt. Sie hatten also ihre „Klasse verloren“, das heißt, dass weder die Schiffe noch die darauf transportierte Ladung versichert werden konnten.


Eine Möglichkeit für die Alliierten wäre gewesen, die Schiffe sofort „wie gesehen“ an Dritte weiter zu verkaufen. Nur – 1919 / 1920 gab es keine Käufer für Segelschiffe. Die deutschen Reeder hatten kein Geld, die anderen kein Interesse, weder in Südamerika noch bei den Siegermächten. Die Briten hatten ja schon seit den 1880er Jahren konsequent auf Dampfer umgestellt, in Frankreich, Italien und überall sonst war es dasselbe und der große Sammler der letzten Segelschiffe, der Åland-Finne Gustav Erikson, stand gerade erst am Anfang seiner Laufbahn als Reeder.

Um die Segelschiffe – wie im Versailler Vertrag von den Alliierten gefordert – aus Chile und Mexiko nach Europa zurückzubringen, mussten sie jedoch erst einmal für die lange Rückreise um die halbe Welt in Stand gesetzt, bemannt und verproviantiert werden, und das kostete Geld, viel Geld. Geld hatte im Jahre 1919 in Deutschland aber niemand mehr.

Das waren die harten Tatsachen, daran änderten alle Verträge nichts.

Die geniale Idee

Paul Ganssauge hatte eine Idee: Falls die Alliierten gestatten würden, dass die deutschen Reeder ihre Schiffe für die Rückführung nach Europa auf eigene Rechnung mit Salpeter befrachten dürften, könnten die Reeder mit den Frachteinnahmen und Verkaufserlösen diese Auslagen decken und so ihre Schiffe in den gewünschten europäischen Häfen abliefern, wie im Versailler Vertrag vorgeschrieben. Damit wäre doch allen geholfen, oder?Petschili wreck

Die ebenfalls in Chile internierte Fünfmastbark POTOSI hatte Laeisz bereits 1917 an die Bremer Reederei F.A. Vinnen & Co. verkauft aber immerhin hatten die verbleibenden Viermastbarken PARMA, PASSAT, PEKING, PETSCHILI und POMMERN sowie die Vollschiffe PEIHO, PELIKAN, PINNAS, zusammen eine Tragfähigkeit von gut 30.000 Tonnen. Nachdem die PETSCHILI im Juli 1919 während eines schweren Sturms in Valparaiso gestrandet war, hatte Laeisz immer noch sieben Schiffe in Chile, die zusammen gut 26.000 Tonnen Salpeter befördern konnten.

Dazu kam noch die noch bei Blohm + Voss auf den Hellingen stehende, halb fertige PRIWALL, die nicht unter die Auflagen des Versailler Vertrags fiel … Man könnte sie ja benutzen um neue Besatzungen, Ersatzteile und Proviant nach Chile zu bringen und dann gleich auch noch eine Salpeterladung mit zurückbringen – noch einmal 4690 Tonnen wertvoller Salpeter …, so räsonierte der Prokurist.

Dass Paul Ganssauge vor allem darauf spekulierte, dass die hohen Frachtraten und noch höheren Verkaufspreise für den im ausgebluteten Europa als Dünger dringend benötigten Chile-Salpeter über die Kostendeckung hinaus noch genug einbringen würden um der Reederei einen Neuanfang zu ermöglichen, darüber sprach er wohlweislich nur im ganz vertrauten Kreis.

 

Freibrief

Alte Verbindungen

Allein war dieses Projekt aber selbst für Laeisz nicht zu stemmen. Also suchte Ganssauge sich Verbündete. Er konnte die ebenfalls betroffenen Reedereien G.J.H. Siemers & Co., Knöhr & Burchardt Nfl., H.H. Schmidt, Rhederei AG von 1896 aus Hamburg sowie die beiden bremischen Reeder F.A. Vinnen & Co. und Carl Joh. Klingenberg für seinen Plan gewinnen.

 

Text Freibrief

 

Dann mussten die Reeder noch das Reichsverkehrsministerium und die deutsche Ablieferungskommission davon überzeugen, dass nur so eine Chance bestand, die Deutschland auferlegten Bedingungen des Versailler Vertrages zu erfüllen.

Nachdem Ganssauge und die Reeder deren Zustimmung schließlich erreicht hatten, machte er sich zusammen mit Vertretern der anderen betroffenen Reedereien und einigen Beamten der deutschen Regierung auf den Weg nach London zum „Maritime Board of the Reparation Commission“, um die Herren der Reparationskommission davon zu überzeugen, dass dieser Vorschlag die einzig realistische Möglichkeit sei, deren Forderung von der Rückführung der Schiffe nach Europa erfüllen zu können.

Dabei kamen Paul Ganssauge seine langjährigen, ausgezeichneten Geschäftsbeziehungen zu Gute, sowohl zu Lloyds of London, die bis 1916 die Laeisz´schen Schiffe versichert hatten, als auch zum Britischen „Shipping Controller“ Lord Pirrie, der die Übergabe der Schiffe abzuwickeln hatte. Man kannte und vertraute sich schon seit vielen Jahren und letztendlich waren alle Beteiligten, Deutsche und Briten, keine Politiker, sondern vor allem Geschäftsleute – sehr daran interessiert, die vormals guten gemeinsamen Geschäfte wieder in Gang zu bringen. Nur ein Beispiel: Der mächtige Lord Pirrie war auch Direktor und Miteigentümer der Werft Harland & Wolff in Belfast, für die die Hamburgische HAPAG einer der größten Kunden war. An der HAPAG wiederum war Laeisz beteiligt.


Nach langen, zähen Verhandlungen stimmte die Alliierte Reparationskommission am 15. Mai 1920 schließlich zu, ja sie erlaubte sogar, dass Laeisz die PRIWALL behalten durfte, die nun bei Blohm + Voss im Eiltempo fertiggestellt wurde. Wörtlich hieß es in dem Vertrag „ … Die deutschen Schiffseigner sollen auf ihre Kosten so viele der deutschen Segelschiffe instandsetzen, wie sie für machbar und einträglich halten, so daß die Kalkulation für eine jede Reise dem Eigner eine angemessene Verdienstspanne beläßt. Nach Beladung der Schiffe sollen die Eigner sie unter deutscher Flagge nach einem Hafen in der Region „United Kingdom/Continent“ expedieren, zwischen Dünkirchen und den dänischen Häfen, oder nach einem Mittelmeeerhafen nicht östlich von Sizilien. In den Bestimmungshäfen sollen die Schiffe an die Siegermächte übergeben werden, und zwar in dem Zustand, in dem sie sich befanden; nur Seeschäden, die auf der Überführungsreise entstanden waren, sollen die bisherigen Eigner beseitigen lassen. …“

Über die Höhe der „angemessenen Verdienstspanne“ sagte der Vertrag nichts aus. Der langen Paragraphen kurzer Sinn: Die deutschen Reeder hatten die Schiffe nur so weit instand zu setzen, dass sie die Rückreise nach Europa überstanden und durften den mit der Fracht erzielten Gewinn komplett behalten.

Die „Deutsche Segelschiff-Kontor G.m.b.H.“

Zur Abwicklung der Rückführung der Schiffe gründeten die betroffenen Reeder gemeinsam die „Deutsche Segelschiff-Kontor G.m.b.H.“, an der jeder von ihnen beteiligt war. Gemeinsam bemühte man sich, die fehlenden Mannschaften und Offiziere anzumustern und sie zusammen mit dem Material für die Instandsetzung und dem für die Rückreise nötigen Proviant nach Chile zu transportieren.

Die in Mexiko liegenden Schiffe wurden „wie besehen“ meist an US-amerikanische Eigner verkauft, weil die deutschen Schiffseigner deren Instandsetzung weder für machbar noch für einträglich hielten.

Lloyds of London seinerseits sorgte dafür, dass die 1916 als „enemy vessels“ – feindliche Schiffe – ausgeklassten deutschen Segelschiffe in den chilenischen Häfen besichtigt wurden und einen „Fahrterlaubnisschein“ für die Rückreise nach Europa bekamen, damit sie und die Ladung versichert werden konnten.

Gemeinsam charterten die Segelschiffsreeder noch den Dampfer LUCIE WOERMANN, der zusammen mit der nagelneuen PRIWALL über 1000 Männer nach Chile bringen sollte, um sie dort als Ersatz für die während der Internierungszeit desertierten oder abgemusterten Männer auf die internierten Schiffe zu verteilen. Einige Wochen vor der LUCIE WOERMANN, die den Großteil der Leute übernehmen sollte, lief am 24. Juli 1920 die PRIWALL aus, mit 200 Mann an Bord, unter dem Kommando von Kapitän Jürgen Jürs. Diese Männer waren zum Großteil keine Seeleute, sie wollten nur fort aus Deutschland, wo sie für sich keine Perspektive sahen. Im Südatlantik kam es an Bord der PRIWALL zu einer Meuterei, weshalb Kapitän Jürs sich genötigt sah, Montevideo anzulaufen, wo 78 Mann ausstiegen.

In Chile hatte Boye Petersen ganze Arbeit geleistet. Schon am 18. Juli 1920 verließ die Laeisz’sche Viermastbark PARMA den chilenischen Hafen Taltal mit einer vollen Ladung Salpeter. Paul Ganssauges Weitblick hatte sich ausgezahlt.

Wieder in Europa - aufgelegt ohne Verwendung

Nach und nach machte sich die Armada von 45 deutschen Segelschiffen, alle mit so viel Chilesalpeter beladen wie ihr Zustand zuließ, auf den weiten Heimweg rund um Kap Hoorn nach Europa. Alle Segler erreichten die von den Alliierten vorbestimmten Ablieferhäfen in Europa ohne schwerwiegende Zwischenfälle oder Havarien. Die besten Reisen hatten die Viermastbarken HERZOGIN CECILIE des Norddeutschen Lloyd und OLYMPIA der Hamburger „Reederei AG von 1896“ mit 86 bzw. 89 Tagen gemacht, am längsten brauchte das Vollschiff MARIE mit 240 Tagen von Antofagasta nach Venedig. Es hatte allerdings wegen einer Reparatur Rio de Janeiro anlaufen müssen.

Die PEKING versegelte nach London (107 Tage von Caleta Caloso), PAMIR nach Genua (31 Tage von den Kanarischen Inseln), PASSAT nach Marseille (104 Tage von Iquique). PARMA (111 Tage von Iquique), PEIHO (127 Tage von Caleta Buena) und POMMERN (102 Tage von Pisagua) liefen den holländischen Hafen Delfzijl an. PELIKAN (129 Tage von Caleta Buena) und PINNAS (92 Tage zum Orderhafen Falmouth) gingen nach Dünkirchen in Frankreich. Dort lagen sie alle erst einmal, weil weder Italien, dem die PEKING zugeteilt worden war, noch die anderen Siegermächte irgendeine Verwendung für sie hatten.

exPadua

Abrechnung

Es kam genau so, wie Paul Ganssauge vorhergesehen hatte:

Obwohl die Frachtraten während der langen Verhandlungen und Vorbereitungen erheblich gefallen waren, erwirtschaftete das Konsortium mit der „Segelschiff-Kontor G.m.b.H.“ immer noch einen Gewinn von ca. 15 Millionen Mark, was im Jahr 1921 der erklecklichen Summe von ungefähr 750.000 Pfund Sterling entsprach, nach heutigem Geldwert ca. 32 Millionen Pfund Sterling bzw. 35 Millionen Euro.

Dieser Gewinn wurde gemäß dem Friedenswert der abgelieferten Schiffe unter den beteiligten Reedern aufgeteilt. Die Reederei Laeisz bekam 26 Prozent – 195.000 Pfund Sterling.

Wiederauferstehung

Von diesem Geld kauften Erich Laeisz und Paul Ganssauge zwischen 1921 und 1924 das Vollschiff PEIHO (Juli 1921 für 6100 Pfund Sterling), die Viermastbarken PARMA (Oktober 1921 - 10.000 £) und PASSAT (Dezember 1921 - 13.000 £), das Vollschiff PINNAS (Dezember 1921 - 3.000 £), die Viermastbarken PEKING (Januar 1923 - 13.500 £) und PAMIR (Februar 1924 – 7.000 £). Für insgesamt 52.600 Pfund Sterling, gut ein Viertel des erhaltenen Betrages von 195.000 Pfund Sterling, hatte Paul Ganssauge der Reederei Laeisz wieder eine stattliche Flotte aus sechs erstklassigen Segelschiffen verschafft. Dazu kam noch die nagelneue PRIWALL.

Die Schiffe waren billig zu haben gewesen, weil, wie Ganssauge ebenfalls richtig vorausgesehen hatte, die neuen alliierten Besitzer sowieso keine Verwendung für die Segler hatten und deshalb nur zu gerne bereit waren, sie an den nächsten besten Interessenten zum gebotenen Preis zu verkaufen, selbst wenn es ein Deutscher war.

Es war allerdings absehbar, dass das 1908 durch die deutschen Chemiker Haber und Bosch patentierte Verfahren zur künstlichen Herstellung von Ammoniak und der 1914 fertiggestellte Panama-Kanal der Salpeterfahrt unter Segeln eher früher als später ein Ende machen würde. Deshalb hatte die Reederei Laeisz, ebenfalls mit dem bei der „Segelschiff-Kontor G.m.b.H.“ verdienten Geld, bereits 1922 zwei Dampfer in Auftrag gegeben, die im Pool mit der einst von Ferdinand Laeisz mitgegründeten HAPAG ebenfalls einen Liniendienst an die Westküste Südamerikas aufrechterhalten sollten, wenn auch durch den Panama-Kanal, nicht um Kap Hoorn. Danach war immer noch genug Geld übrig, um noch eine Viermastbark zu bestellen – die 1926 bei Tecklenborg in Bremerhaven fertiggestellte PADUA, die allerdings schon im Hinblick auf die Ausbildung von 40 zahlenden Zöglingen konzipiert war.

Auch die anderen beteiligten Reeder nutzten den Gewinn aus Paul Ganssauges genialer Idee um geschäftlich wieder auf die Füße zu kommen. So ließ z.B. die Bremer Reederei Adolf Vinnen & Co. damit noch im Jahr 1921 die Viermastbark MAGDALENE VINNEN II bauen - ein technisch einzigartiges Schiff, konzipiert für die Getreidefahrt vom Rio de la Plata. Deshalb hatte sie eine Hilfsmaschine und ein fest eingebautes, stabiles Mittelschott zur sicheren Verladung von Getreide als Schüttgut. Groß- und Kreuzmast stehen auf diesem Mittelschott, der Besanmast auf dem Maschinenraum-Schott. Offensichtlich war diese ungewöhnliche Konstruktion stabil, denn die MAGDALENE VINNEN II fährt noch immer, jetzt als Segelschulschiff für die russische Agentur für Fischerei unter dem Namen SEDOV. Weiter gab Vinnen aus diesem Geld noch fünf 5-Mast-Toppsegelschoner in Auftrag, ebenfalls mit Dieselmaschinen ausgestattet und ebenfalls für die La Plata-Fahrt.

Fazit

Letztendlich hatten also die Siegermächte dafür bezahlt, dass die Besiegten schnell wieder finanziell auf solide Füße gestellt wurden und in ihr angestammtes Geschäft einsteigen konnten.

Paul Ganssauge wurde für seinen genialen Plan und dessen gekonnte Durchführung unter schwierigsten Umständen auch persönlich belohnt. 1923 machte Erich Laeisz seinen Prokuristen zum Teilhaber der Firma F. Laeisz, was er bis 1937 blieb, als er in Pension ging und sein ältester Sohn Willi Teilhaber wurde.

Christine Hieber

Schluss